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Talgo — Vassilis Alexakis

“Tal­go” ist der Name des spanis­chen Zuges, der die zwei Haupt­per­so­n­en dieses Romans eine für ihre Beziehung entschei­dende Woche lang zusam­men­bringt. Zwei erwach­sene Men­schen, die in geord­neten Ver­hält­nis­sen leben, die Frau in Griechen­land, der Mann Grieche in Paris, bei­de ver­heiratet, tre­f­fen sich in Athen. Die Liebe, die sich aus dieser Begeg­nung entwick­elt, ist nichts außergewöhn­lich­es. Sie gibt aber dem Autor die Gele­gen­heit, sie in ihrem Prozeß mit Vorgeschichte und Nach­wirkun­gen auf Schritt und Tritt zu ver­fol­gen. Dabei nimmt der Rah­men, das gesellschaftliche Umfeld in den zwei europäis­chen Großstädten, sowie die Men­tal­ität der Men­schen hier und dort, geprägt von der jew­eili­gen Kul­tur und Geschichte, densel­ben Stel­len­wert ein.
Der Autor, der hier auch die Ver­ar­beitung sein­er Emi­gra­tion aus Griechen­land und das Wiederfind­en sein­er Wurzeln immer vor Augen hat und wagt, ver­ste­ht es, mit ein­er ein­fachen, tre­f­flichen, roman­tis­chen, aber vor allem ehrlichen Sprache Gefüh­le und Sit­u­a­tio­nen meis­ter­haft zu schildern.

Leseprobe:

Unge­fähr zwei Monate waren seit unser­er ersten Begeg­nung ver­gan­gen. Ich kon­nte dich nur schw­er in meine Phan­tasie zurück­rufen, so wie ich dich an jen­em Abend in Wirk­lichkeit gese­hen hat­te. Ich erin­nerte mich an dich mehr durch deine Fotos. Das­selbe schrieb­st du mir auch. Also war es Zeit, daß wir uns tre­f­fen mußten.

Eines Tages sagtest du mir am Tele­fon, man hätte dich zu einem Kon­greß nach Barcelona ein­ge­laden, es gin­ge im die Eingliederung der Mit­telmeer­län­der in die EG.

Du sagtest: »Was meinst du?«

»Ich komme«, sagte ich.

Auch mir war eine Begeg­nung auf neu­tralem Boden lieber, so wären wir bei­de freier. Ich sagte Kostas, daß ich nach Paris fahren wollte, um die schon erwäh­nte Fre­undin zu besuchen, und tat­säch­lich traf ich dort ein, als du bere­its mit all den anderen Kon­greßteil­nehmern abgereist warst. Von Paris aus nahm ich den Nachtzug nach Barcelona.

Dieser Zug heißt »TALGO«. Aus Neugierde schrieb ich an die spanis­che Eisen­bah­nge­sellschaft und fragte nach der Bedeu­tung dieses Wortes, das ich in keinem Lexikon gefun­den hat­te. Vor ein paar Tagen bekam ich die Antwort: Es bedeutete im Grunde nichts, es war ein Kürzel, zusam­menge­set­zt aus den Anfangs­buch­staben der Wörter Tren, Arti­co­la­do, Ligero, Guy­cochea, Ori­ol, das heißt ein Expreßzug von einem gewis­sen Guycochea,der hat den Zug kon­stru­iert, und einem gewis­sen Ori­ol, der hat ihn finanziert …
ISBN 3–923728-29–8 / 1986 / 204 S.

Über­set­zt von Niki,Eideneier.

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Vas­silis Alex­akis  wurde 1943 in Athen geboren. Er lebt seit 1968 in Paris, schreibt für die Le Monde und arbeit­et als Karika­tur­ist und Film­regis­seur. Alex­akis pub­liziert in Griechisch und Franzö­sisch. Sein Roman Tal­go, den er selb­st vom Griechis­chen ins Franzö­sis­che über­set­zte, wurde von der franzö­sis­chen Akademie aus­geze­ich­net und von Tsem­beropou­los ver­filmt (Eine über­raschende Liebe, 1984). Für den Film Die Athen­er erhielt er 1990 den Kri­tik­er­preis des Film­fes­ti­vals Thes­sa­loni­ki. 1995 wurde er mit dem Medicus Preis, Paris, ausgezeichnet.