Kapitulieren wir vor dem Islam?
Provokanter kann eine Debatte kaum eingeleitet werden: Kapitulieren wir vor dem Islam? Die Aula des Uni-Campus in Duisburg war am rappelvoll, viele Menschen, die noch Einlass begehrten, mussten als Zaungäste zuhören. Im überfüllten Saal selbst stiegen die Temperaturen mit jeder Minute an — doch trotz des brenzligen Themas wurde die Debatte sachlich geführt, auch wenn sie — natürlich — extrem widersprüchlich blieb.
Mark Terkessidis (* 1966) ist ein deutscher Journalist, Autor und Migrationsforscher deutsch-griechischer Herkunft. Er mahnte Deutschland und die Europäer, sich moralisch nicht auf’s hohe Ross gegenüber den Muslimen zu setzen. In der gleichen Kerbe schlug auch das Kulturwissenschaftliche Institut mit der Aussage dem Islam die Integrationsfähigkeit abzusprechen. Demgegenüber aber war der Tenor, daß die Freiheit das wichtigste Element unserer Gesellschaft ist — und das setze absolute Religionsfreiheit voraus.
Aus der Bildzeitungs-Chefredaktion wurde verlautet, »dass die Bringschuld in Sachen Integration und Werteakzeptanz vor allem bei den Muslimen liege. Ein Mitglied der Bildredaktion bezeichnete es als „umgekehrten Rassismus“, wenn den Deutschen vorgeworfen werde, sie hätten zu wenig für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund getan. Jeder, der wolle, bekomme hier seine Chancen. Es sei ein falscher Reflex der Deutschen, die Ursachen etwa für die Motivation fundamentalistischer Terroristen im eigenen System zu suchen. Notwendig sei doch eher, sich angesichts solcher Herausforderungen auf die eigenen Werte zu besinnen: Rechtsstaatlichkeit, individuelle Freiheit, Religionsfreiheit. Völlig verfehlt sei ein vorauseilender Gehorsam gegenüber dem Islam, der die freiheitlich demokratische Grundordnung unterhöhle: Wenn etwa Opern-Aufführungen abgesagt oder Texte nicht gedruckt werden aus Furcht, die Gefühle von Muslimen könnten verletzt werden. Ebenso schräg sei der Versuch, mit gescheiterter Integration Straftaten wie etwa die wachsende Jugendgewalt begründen zu wollen.«
Klaus Leggewie, Direktor des Kulturwissenschaftliches Institutes in Essen argumentierte in ähnlicher Weise. Er betonte, dass die Freiheit das wichtigste Element unserer Gesellschaft ist — und das setze absolute Religionsfreiheit voraus. Das heißt, dass der Staat sich nicht regulierend in diesem Bereich einmischt, solange die Gesetze gewahrt bleiben. Das heißt aber auch, dass es die Freiheit gibt, über Religion spotten zu können. Nein, meinteMark Terkessidis, die Freiheit zu wahren, schließe nicht automatisch jede Beleidigung ein — vor allem dann nicht, wenn sie politisch instrumentalisiert werde, etwa von Rechtspopulisten, die mit der wachsenden Islamphobie auf Stimmenfang gehen. Wir meinen, ein weiter Weg zum großen Konsens liegt vor uns. Doch es muss sein.