Interview mit Amalia Hagen
Der Auftritt von Amalia Hagen war ein Höhepunkt während des diesjährigen Panigiris von Lüdenscheid.
ellasnet.de: Wir von ellasnet.de haben in unserer jungen Existenz viele Tanz- und Kulturvereine kennen gelernt. Dabei hat jeder Verein seine eigene Art, wird unterschiedlich geführt und stellt an sich sich selbst sowie an seine Mitglieder verschiedene Ansprüche. Was macht denn die Tanzgruppe Amalia Hagen denn interessant?
Ilias Zaruchas (Bild): Amalia Hagen macht die große Vielfalt interessant. Mit Vielfalt meine ich z.B. das Alter der Tänzer. Die jüngsten sind ca. 5–6 Jahre halt und dann haben wir noch Tänzer die ca. 60 Jahre alt sind. Es ist die Vielfalt aus der wir unsere Kraft schöpfen. Hinzu kommt halt, dass Amalia Hagen ein ziemlich großer Verein ist. Jeder der Tänzer halt seine Familie die uns unterstützt und diese auch als Rückhalt sehen.ellasnet.de: Es gibt Vereine für thrakische Kultur und Musik, Vereine mit Musik aus Ipiros sowie pontische Kulturvereine. Was repräsentiert ihr?
Ilias Zaruchas: Unserer Verein ist ja ein Deutsch-Griechischer Folkloreverein. Wir wollen keinen einzelnen Teil repräsentieren sondern Tänze aus ganz Griechenland. Es gibt weitere Vereine in Hagen, die sind eher lokal orientiert. Dazu gehören z.B. der pontische Verein sowie der Verein der Ipiroten u. A.. Die haben setzen ihr Augenmerk natürlich auf ihre jeweilige Region. Wir tanzen halt Tänze aus ganz Griechenland und haben deshalb wahrscheinlich auch mehr Mitglieder. Ich meine das jetzt nicht abwertend den anderen Vereinen gegenüber, es ist aber für die Jugend meistens interessanter nicht bei den Tänzen der eigenen Region halt zu machen.
ellasnet.de: Fürwahr, es scheint für Euch ein Erfolgsrezept zu sein sich vielfältig zu geben. Wie sehen es die anwesenden Tänzer?
Zoi Touloupi (Bild): Ja, es ist sehr vorteilhaft. Natürlich lernt man dabei nicht nur die Tänze oder etwas über die Tänze, sondern auch sehr viel über die entsprechende Kultur. Man hat dann einfach keine eingeschränkte Perspektive sondern lernt über ganz Griechenland etwas.
ellasnet.de: Wir oft habt ihr denn in der Woche Proben und sind all diese 100 Mitglieder auch Tänzer?
Anna Stravoravdi (Bild): Ja, das sind alles Tänzer. Und zwar haben wir 4 Tanzgruppe und trainieren über 2 Tage verteilt. Sonntags trainieren die Kinder im Alter von 5–10 von 14.00–15.00 und nach ihnen tanzen dann die Teenager. Donnerstag trainieren dann unsere älteren Damen und Herren und darüber hinaus auch alle Griechenlandinteressierte in einer lockeren Atmosphäre.
ellasnet.de: Gibt es denn in eurem Verein eine Vorzeigegruppe wo die kleineren bzw. jüngeren Tänzer auf sie aufschauen und z.B. sagen: “Da will ich auch mal hin”. Ist denn vielleicht eure Gruppe (an die Anwesenden Tänzer) in der Ihr tanzt das Prunkstück?
Vassilios Miaris (Bild): Nein, ich glaub nicht. Die kleinen gehören auch zum Kern des Vereins und die machen sich auch auf jeden Fall sehr gut und verdienen genauso Aufmerksamkeit
ellasnet.de: Ihr seht die also nicht so als die kleinen und sagt auch mal “Wir beanspruchen mehr zeit und Platz” oder ähnlich?
Zoi Touloupi: Die kleinen haben halt auch Auftritte und sind auch sehr gefragt deswegen gibt es so was bei uns halt nicht.ellasnet.de: Wahrscheinlich werden die kleinen auch mehr gefeiert!?
Zoi Touloupi: Also man merkt jetzt auch nicht unbedingt einen Unterschied, dass wir irgendwie höher gestellt sind als die Kleinen oder die Damen.
Anna Stravoravdi: Zu den Kleinen muss man sagen, dass sie ja unserer Nachwuchs sind und da achtet man natürlich drauf.
ellasnet.de: Man versucht natürlich auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen.
Anna Stravoravdi: Ja selbstverständlich. Um noch mal zum Punkt zu kommen weshalb Amalia so interessant ist, ist auch der Punkt, dass Sonntags z.B. in der Gruppe der Kleinen die Kinder tanzen, bei den Teenagern teilweise die Geschwister und in der letzten Gruppe die Eltern dort zusammen tanzen. Teilweise halt dann auch Donnerstag der Onkel die Tante oder die Oma.
ellasnet.de: In Deutschland wurden mit der Anwerbung seit 1960, Sport- und Kulturvereine als Vertretungen ihrer Heimatregion gegründet um die griechischen Gastarbeiter weit weg von der Heimat, um Gemeinschaftsgefühle zu vermitteln gekoppelt mit einigen Veranstaltungen. Doch heute sind die Kinder/Jugendliche viel besser in das deutsche System integriert und sprechen auch so viel lieber Deutsch als Griechisch. Warum dann der Weg zu den griechischen Vereinen? Ist es eher der Erhalt der Tänze oder doch nur für die Zusammenkunft von Griechen?
Vassilios Miaris: Also ich persönliche denke das der Tanz in erster Linie eine Kunst sowie Unterhaltung ist. Ich bin mir sicher, dass das Tanzen für viele eine Art Unterhaltung ist und dass die Kinder, wenn sie es von klein auf machen viel Spaß dran haben.
Zoi Touloupi: Also ich gehe halt zum Tanzen weil ich es sehr mag. Man muss aber sagen dass ich dadurch viele griechische Freunde gewonnen habe.
ellasnet.de: Also wenn man euch jetzt fragen würde ob ihr gerne zu eurem Verein geht, würdet ihr wie antworten?
Amalia Hagen: Ja klar.
ellasnet.de: Ein Frage an die Tanzlehrerin. Also wie es es denn mit ca. 100 Tänzern und Tänzerinnen? Trainieren sie die alle alleine?
Anna Stravoravdi: Nein, natürlich nicht. Wir haben uns das alles schön eingeteilt. Da ist noch eine Dame die trainiert die Donnerstagsgruppe. Die so genannte Damengruppe wo natürlich auch Herren tanzen. Der Name Damengruppe ist halt nur geblieben da sich das wirklich aus einer Damengruppe herausgebildet hat. Im August 2006 habe ich dann die Kindergruppe komplett abgegeben. Seitdem wird sie von unserem Nachwuchs trainiert. Einer davon ist halt der hier anwesende Vassili der es zusammen im Team mit anderen Tänzern macht. Wir sind halt dabei die Gruppe so zu strukturieren, dass man die Tänzer gezielt fördern kann.
ellasnet.de: Also ihr sprecht euch dann ab. Es gibt dann keinen der dann sagt du machst das und du machst das?
Anna Stravoravdi: Unter mir sind dann diese Gruppenkonstellationen entstanden. Deswegen habe ich da momentan den Blick und wir schauen, dass wir auf jeden Fall bei Treffs als Team gemeinsam entscheiden und am Ende halt mit dem Vorstand zusammen darüber diskutieren, setzten uns Ziele fest, die wir in einer bestimmten Zeit erreichen wollen und das wichtigste ist dann das “Wie können wir diese Ziele erreichen”.
ellasnet.de: Was war denn bis jetzt so das schönte Ereignis bzw. der schönste Auftritt an den man sich sehr gerne zurückerinnert?
Ilias Zaruchas: Ich persönlich bin seit 1995 in diesem Verein. Also besser gesagt seit der Gründung des Vereines und hab somit alles von Anfang an mitbekommen. Davor war es nur eine Tanzgruppe. Es ist natürlich schwer zu sagen was wirklich das Schönste war, da es viele schöne Momente gab. Wir waren des Öfteren mit der Tanzgruppe zu Auftritten in Griechenland eingeladen und Anfang des Jahres waren wir auf dem Berliner Presseball eingeladen.
Zoi Touloupi: Ich finde das jeder Auftritt seinen eigenen Höhepunkt hat. Man fährt zum Beispiel nach Griechenland und tanzt dort vor Griechen, was wieder was ganz anderes ist, im Vergleich zu den Auftritten hier in Deutschland.
ellasnet.de: Jetzt ist es ja ganz interessant. Du bist ja seit 1995 in dem Verein. man konnte heraushören, dass die Verantwortlichen von Amalia Hagen sehr viel für den Verein tun. In anderen Regionen ist es ja ab und zu mal so, dass viele die sehen, dass der Vorsitzende oder die Verantwortlichen viel für den Verein tun, auch mal zum Kommentar bringen: “Der kann das doch nicht alles umsonst tun, ohne persönliche Vorteile zu beziehen.” Gibt es denn Erfahrungen mit solchen Vorwürfen?
Ilias Zaruchas: Also ich persönlich habe jetzt Nichts davon mitbekommen. Wozu man aber sagen muss, dass es so was immer unter Menschen gibt. Ein Problem ist es bis jetzt noch nicht gewesen.
ellasnet.de: Viele verstehen nicht das die Vereinsarbeit eigentlich Spaß macht in so einer Gemeinschaft zu sein und dass man gerne seine Zeit dafür opfert. Viele Vereine klagen über Mitgliederschwund und über mangelnde Ehrenamtliche, also freiwillige Helfer, die den Vorstand bei ihrer umfangreichen Arbeit unterstützen. Zumal auch Vereine einer Stadt sich manchmal auch untereinander konkurrieren, insbesondere bei Spendensammlungen. Haben die Vereine langfristig eine Überlebenschance?
Ilias Zaruchas: Was Amalia Hagen angeht, haben wir ein positives Problem, dass wir zu viele Mitglieder sind und deshalb auch zum Beispiel die Trainingsstunden ändern werden damit jeder Gruppe mehr Zeit hat.
ellasnet.de: Sind denn eure Tänzer alle aus dem Nachwunsch oder gibt es auch Leute die von anderen Vereinen zu euch kommen?
Ilias Zaruchas: Sowohl als auch. Wir verbieten auch keinem wo anders zu tanzen. Man sollte aber seine Pflichten gegenüber des Vereines einhalten. Wir aus dem Vorstand haben uns die Arbeit gut eingeteilt. Das Grundproblem ist aber dies, dass zum Beispiel bei großen Veranstaltungen nicht alle Mitglieder den gleichen Teil an arbeiten machen und sich der ein oder andere zurückzieht. Dies meine ich natürlich allgemein und nicht auf den Vorstand bezogen. Nun haben wir aber wieder den Vorteil, dass bei einer Mitgliederzahl von 100 Leuten die Arbeit so gemacht wird wie sie gemacht werden muss und auch viele engagiert sind.
Ob es eine jetzt unbedingt eine Lösung für die Vereine gibt die ums Überleben kämpfen oder dort wo nur 1–2 Leute die Arbeit leisten, wäre ich mir nicht unbedingt so sicher. Es ist meiner Meinung aber selbstverständlich, dass man sich als Vereine untereinander helfen sollte.
ellasnet.de: Wie sieht denn so bei euch die Woche aus, wenn eine Choroespreida / Tanzveranstaltung bevorsteht? Wie sieht die Arbeit bei euch aus und was für Änderungen gibt es?
Anna Stravoravdi: Es gibt natürlich auf verschiedenen Ebenen Vorbereitungen. Einmal die Organisation für die Feier an sich. Der Termin wird dann rechtzeitig bekannt gegeben und jeder kann sich dann in einer Liste eintragen, was auch viele tun und mithelfen. Was das tänzerische Programm angeht wird natürlich immer versucht kleine Änderungen an Tänzen sowie an Trachten vorzunehmen.
ellasnet.de: Wie ist es denn auf der eigenen Feier zu tanzen? Ist es etwas besonderes? Was fühlt denn so beim Vortanzen? Ihr habt ja den Auftritt, legt danach die Klamotten ab und geht danach noch mal tanzen. Seit ihr vor einem Auftritt denn aufgeregt?
Vassilios Miaris: Meistens helfen wir nach den Auftritten finden aber trotzdem Zeit ein bisschen auch mit den Leuten außerhalb des Vereins zu tanzen.
Zoi Touloupi: Also ich bin vor jedem Auftritt aufgeregt. Beim Auftritt ist es ja so, dass man immer was anderes tanzt. Zum Beispiel haben vorletztes Jahr Tänze aus Alikis Bougiuklakis Zeiten getanzt. Das hat sich unsere Lehrerin selber ausgedacht. Man Tanz dann vorm Publikum was ganz anderes was man noch nie gesehen hat. Wir präsentieren den Gästen was Einzigartiges sag ich mal.
ellasnet.de: In vielen Choroesperides tanzen neben den eigenen Tanzgruppen an einem Abend auch die Gruppen von befreundeten Vereinen, manchmal auch bis zu 3–4 Gruppen zusätzlich. Werden die anderen Vereine nur eingeladen um den Saal mit deren „Anhang“ zu füllen oder welcher Zweck wird dann verfolgt? Denn manchmal nimmt es ganz schön Zeit in Anspruch und viele Gäste würden lieber selbst tanzen, zumal sie manchmal selbst zu spät kommen.
Ilias Zaruchas: Unsere Auftritte auf unserer Feier sind meistens sehr früh. Das heißt noch vor Mitternacht. Wir können natürlich verstehen, dass einer erst nach Mitternacht kommen kann. Es können und kommen aber auch sehr viele Gäste früh zu unseren Feiern. Wir wollen es halt so gestalten das wir Tänze aus Griechenland zeigen. Aber nicht nur vor griechischem sondern auch vor deutschem Publikum. Deshalb fangen unsere Reden und Auftritte auch immer viel früher an. Es kommt ab und zu auch vor, dass mal ein Auftritt um Mitternacht herum stattfindet. Da es unsere Feier ist, versuchen wir es halt immer diese nach unseren Willen und Vorstellungen zu gestalten. Wir versuchen eine Kulturveranstaltung zu machen um Tänze zu zeigen und nicht unbedingt nur um die Leute zu unterhalten.
ellasnet.de: Ihr habt nur eine Choroesperida pro Jahr. Würdet ihr euch denn Wünschen, dass ihr mehr macht?
Zoi Touloupi: Nein. Es soll ja was ganz besonderes bleiben.
ellasnet.de: OK. Das war eine gute Antwort. Geht ihr denn auch auf andere Choroesperides um zu feiern?
Amalia Hagen: Ja klar.
ellasnet.de: Gehen wir jetzt mal von Amalia Hagen weg und widmen uns mal allgemeine Fragen. Durch die Bindung an die Schule verbringen viele Kinder/Jugendliche neben den eigentlichen Proben/Training und den Auftritten/Wettkämpfen auch privat einige Zeit miteinander. Den Rest der Zeit führen sie per PC eine noch fragwürdige Unterhaltung durch. Also können Vereine den Kindern/Jugendlichen Erziehung auf dem Weg geben. Ist diese Tatsache dem Verein bewusst? Insbesondere wenn Tanzlehrer vie direkter und vertrauensvoller mit den Tänzern zusammen ist.
Ilias Zaruchas: Also das ist uns schon bewusst. Ich kann da von mir selber sprechen. Als ich da angefangen habe, war ich 16 Jahre alt. 2 Jahre war ich dann selber im Vorstand tätig und habe dann doch gemerkt wie ich dann gelernt habe Verantwortung zu übernehmen und organisatorische Sachen durchzuführen. Klar sehe ich dann innerhalb des Vereins Leute die sich verändert haben und uns ist absolut bewusst, dass wir die Kindern und Jugendlichen mit erziehen.
ellasnet.de: Die Tanzlehrerin denn auch? Weil sie ist ja im Gegensatz zu dem Vorsitzenden direkt mit den Kindern zusammen. Nehmen die Kinder/Jugendliche denn auch mal Ratschläge an?
Anna Stravoravdi: Ja da stimmt schon. Ich bin ja als Tanzlehrerin eine Vorbildsfunktion. Vor allem für die ganz Kleinen. Ich versuche den Tänzern dann klar zu machen, dass es nicht der einzige Sinn ist die Tanzschritte für sich selber zu lernen, sondern auch gemeinsam etwas zu schaffen. Es gibt halt Kinder die z.B. einen Tanz sehr schnell lernen, die dann mit einem zusammen tanzen der etwas länger braucht um den gleichen zu lernen. Schnell sind dann welche geknickt und wollen dann tauschen. Dies lasse ich dann aber auch nicht sehr schnell zu, da sie lernen müssen die Anderen zu helfen und auch die Geduld zu haben auf den Anderen zu warten. Wir Menschen lernen nicht alle gleichschnell. Es ist halt ein soziales Miteinander. Man muss dann zum Beispiel lernen wie man die Arme halten muss, dann mit man sich nicht auf dem anderen stützt, da man ja zwischen zwei anderen Personen tanzt. Natürlich denke ich, dass die Kinder die Ratschläge annehmen.
ellasnet.de: Wie ist es denn bei dir? Nimmst du denn die Ratschläge deiner Tanzlehrerin an?
Zoi Touloupi: Also bei mir speziell war es jetzt nicht so, dass ich irgendein besonderes Problem hatte. Ich denke schon, dass man schon auf die Art wie man sich verhält achtet, und das es einem beigebracht wird, dort wo man zurückhaltend sein soll, dass man es dort auch ist.
ellasnet.de: Für Millionen Menschen aus aller Welt ist Hellas die Brutstätte der universellen Werte, die heute noch das Denken in der modernen Welt beherrschen. Hier haben Demokratie, Philosophie und Wissenschaft ihre Ursprünge in der Antike gehabt. Das ist zweifellos unser wichtigstes Erbgut und unser wichtigstes Vermächtnis. Wir Griechen im Ausland rühmen uns damit als zu gerne vor den Deutschen und anderen Nationalitäten, sind aber unter uns Griechen eher misstrauisch zueinander, oder?
Anna Stravoravdi: Das kann ich so nicht sagen. Ich habe nicht den Blickwinkel dafür zu sagen wer ist eigentlich der “Grieche”. Ich wurde in Deutschland geboren und bin hier aufgewachsen. Die Griechen, die ich hier kennen gelernt habe, sind bestimmt nicht die Griechen die gemeint sind. Wir haben natürlich nur die Werte bei den Eltern der 60er Jahre mitbekommen, die sich dann aber auch prompt verändert haben. Hinzu kamen dann noch die deutschen Werte und unsere eigenen, die dann zu einer Mischkultur geführt haben und es mir schwer machen zu urteilen und es halt schwer zu sagen ist, wer überhaupt der Grieche ist und wie er sich verhält. Da wäre ich halt ein bisschen vorsichtig. Es ist halt einfach zu sagen: “Aus dem und dem Grund, weil er Grieche ist, ist das jetzt halt nicht passiert. Wir sind ja so.”
ellasnet.de: Oft hören wir, „So sind eben Griechen, undiszipliniert und ohne Verantwortung wie es bei den Deutschen zu finden sind“ und vergeben Aufträge oder kaufen Artikeln lieber nicht bei griechischen Unternehmen. Wie sieht es bei euch aus?
Ilias Zaruchas: Also ich mach das dann doch eher von der Person abhängig, da stimme ich mit Anna überein. Man kann halt nicht sagen der Grieche hat diese Eigenschaften, der Deutsche hat diese Eigenschaften. Erstmal weil das zu grob pauschalisierend ist und selbst wenn man Untergruppen bildet, wie zum Beispiel die Griechenlandgriechen oder die Deutschlandgriechen, muss man trotzdem auf die einzelne Person achten. Obwohl es zum Beispiel diese Preußisch- deutschen Tugenden gibt, kann man hier genau so einen finden auf den man sich lieber nicht verlassen sollte. Da muss man eher auf die Person achten mit der man was zu tun hat.
ellasnet.de: Aber es heißt oft “Wir Griechen können sowieso nicht miteinander”. Damit wird das dann so abgehakt. Viele Völker können das besser. Wieso wir eigentlich nicht?
Anna Stravoravdi: Wenn es denn so wäre dann würden wir, als Amalia, nicht da stehen wo wir jetzt sind. Meine Tänzer sind wohl argpünktlich zu den Auftritten und es gibt Griechen die wohl gerne zu uns kommen.
ellasnet.de: Es geht also doch. Deswegen seit ihr ja auch heute hier. Als eines von mehreren Paradebeispielen. Es läuft in Vereinen wo nur 30 Mitglieder sind, es geht aber auch in Vereinen wo 100 und mehr Leute sind. Es funktioniert wenn es gut organisiert ist und wenn sich die Verantwortlichen miteinander absprechen.
Anna Stravoravdi: Ich finde, dass es auch wichtig ist ein Ziel zu haben. Wenn Leute im Verein helfen aber nicht wissen warum sie es machen, dann kann es nicht funktionieren. Es können ruhig Gründe wie eine Choroesperida sein, sowie der Wunsch sein Enkelkind in einer Tracht beim Auftritt zu sehen oder auch die Tatsache, dass man Sonntags eine Person ist mit der man sich gut versteht und man Spaß am tanzen hat, dann kann es erst klappen.
ellasnet.de: Es gab zum Beispiel aber einen ganz negativen Fall in Witten. Dort war halt eine Person Vorsitzender bei der Gemeinde Witten. Er hatte seine bestimmte Vorstellungen wie es ablaufen muss, es aber völlig anders kam. Er kam dann auf die Idee mit Kindern zwischen 10–16 ein Theaterstück zu Proben und dieses dann auf einer Weihnachtsfeier vorzuführen. Dort waren aber nicht einmal die Eltern der dort mitspielenden Kinder erschienen. Der engagierte Griechen war nach diesem Versuch sehr verbittert und will jetzt auch nichts mehr davon wissen. Dieses Eltern- Kind- Verhältnis ist ja in letzter Zeit ein großes Thema sowie das so genannte Flatratesaufen, wo sich Jugendliche und nicht nur Deutsche, sondern auch Griechen vor Partys treffen, sich vorher kräftig einen trinken und gehen dann in einem Club feiern. Das passiert auch bei unter 15jährigen, wo die Eltern nicht zu Hause sind. Wie sieht es denn bei euch aus. Kennt ihr solche Fälle?
Zoi Touloupi: Also das ist mir teilweise aus meinen Kreisen auch bekannt. Aber das ist dann wieder so ein Beispiel wo man sagen kann, dass es bei Griechen sowie bei Deutschen gibt. Es gibt halt überall Leute die früh mit rauchen oder trinken anfangen.
Vassilios Miaris: Was ich aber noch schlimmer finde sind wirklich Leute die trinken und danach Auto fahren.
ellasnet.de: Ein gutes Stickwort. Hier in Deutschland halten sich viele an die Gesetze und lassen das Auto nach einige Bier lieber stehen. Was ich aber nicht verstehe ist, warum Leute die hier wohnen und nach Griechenland fahren es dort nicht gleich tun.
Ilias Zaruchas Gut. Es sind dann meistens Leute die Griechenland als Land der Offenbahrung sehen und Deutschland als Land der Sklaverei. (lacht). Die haben halt noch nicht begriffen, dass sie hier leben und den Großteil ihres Lebens hier verbringen. Wenn sie dann so mutieren sind sie nicht sich selbst gegenüber ehrlich und leben auch nicht bewusst.
ellasnet.de: Kommen wir noch mal zur Bedeutung des Vereins zurück. Eltern bekommen oft Informationen über ihre Kinder/Jugendliche erst über Dritte mit, wenn überhaupt. Hingegen kriegen Tanzlehrer eher schneller alles mit. Oft ist Tanzlehrer/in eine Person, wo sich Jugendliche eher anvertrauen. Ihr habt da also eine soziale oder erzieherische Verpflichtung und könnt eher etwas bewirken als die Eltern direkt.
Es gibt auch Fälle wie z. B. die spartanische Erziehung, wo Eltern mit sehr strenge Mitteln an die gute Erziehung glauben. Den Mittelweg zu finden wäre Gold wert. Wie sieht es denn mit eueren Eltern aus?
Zoi Touloupi: Ich glaub das meine Eltern schon diesen Mittelweg gefunden habe. Ich durfte halt erst mit 16 wirklich bis 00.00 raus, sowie erst mit 18 bis früh morgens. Sie haben aber auch immer versucht die Beziehung zu mir aufzubauen, dass ich dann auch immer zu den gehen kann um meine Probleme zu erzählen.
Vassilios Miaris: Bei mir sieht es genau so aus.
ellasnet.de: Das ist doch die moderne Erziehung normalerweise oder?
Zoi Touloupi: Teilweise wird es aber Meinung nach zu modern. Viele Kinder kommen dann halt betrunken nach Hause und die Eltern sagen dann, dass das Kind seinen Rausch ausschlafen wird. Man sollte die Zügel schon streng halten.
ellasnet.de: Viele Leute oder Eltern vernachlässigen durch ihre Arbeit die zeitliche Zuwendung. Früher war es ja meistens so, dass nur der Vater gearbeitet hat und die Frau halt Hausfrau. Heut zu Tage arbeiten oft notgedrungen beide Elternteile, und finden oft keine Zeit für ihre Familie. Zum Beispiel scheidet dann das gemeinsame Mittagessen aus wo man dann Zeit hat mit seinen Kindern zu reden. Esst ihr denn noch mit euren Eltern?
Zoi Touloupi: Zum Punkt, dass die Eltern keine Zeit haben mit ihren Kindern zu reden ist oft eine Ausrede. Also mittags esse ich wirklich nicht mit der ganzen Familie weil mein Vater fehlt, weil er ganzen Tag arbeitet. Mit der Mutter aber schon.
ellasnet.de: Es ist aber auch wichtig gemeinsam mit den Eltern zu essen oder?
Zoi Touloupi: Es ist wirklich die Zeit wo man sich was erzählt!
ellasnet.de: Der deutsche Staat versucht sich mit einem Minister die Migranten in die deutsche Systeme und in die deutschen Lebensgewohnheiten zu führen. Integration ist das moderne Wort dafür. Nun verbringen Vereinsmitglieder untereinander auch sehr viel außerhalb des Vereins zusammen. Gibt es denn auch was anderes?
Zoi Touloupi: Abgesehen von Amalia Hagen bin ich noch viel länger in einem Karateverein. Ich hab aber genug Zeit für meine Freunde. Man kann sich das ja irgendwo einteilen.
ellasnet.de: Wenn man jetzt ne ganz normale Woche nimmt. Abgesehen von der Schule. Womit hast du denn mehr zu tun. Mit Amalia direkt oder indirekt, oder mehr mit anderen Sachen?
Zoi Touloupi: Es ist schwer zu beantworten weil es wirklich ziemlich unterschiedlich ist. Es gibt Wochen da sieht man sich jeden Tag und wieder Wochen da sieht man sich gar nicht. Es ist wirklich ziemlich unterschiedlich. da bin ich gar nicht eingeschränkt ob ich mehr mit meinen Freunden von Amalia was mache oder mit den anderen Freunden.
Vassilios Miaris: Abgesehen von Amalia gehe ich noch zum Fitnessstudio um mich fit zu halten, arbeite noch nebenbei in einem Cafe und treffe zum größten Teil griechische Freunde. Freunde von Amalia sowie auch andere Freunde.
ellasnet.de: Man muss also doch sagen, dass ein Verein prägt. Und wenn es positiv ist, so wie ihr es macht, ist es umso schöner. Dann würde ich mal sagen Glückwunsch an den Vorsitzenden und an die Tanzlehrerin. Kommen wir mal langsam zum Schluss. Die Vereine führen zur Zeit meistens nur Tanz- und Sporttraining durch. Könnten diese nicht noch mehr Aufgaben übernehmen, z.B. muttersprachlichen Unterricht oder griechischen Geschichts- und Kulturunterricht, um so auch intellektuelle Griechen an den Verein zu binden und dadurch auch mehr Hilfe im Verein zu erlangen. Wäre es in den Großstädten nicht sinnvoll wenn sich einige Vereine zusammen tun würden?
Ilias Zaruchas: Ich habe ja am Anfang gesagt, wir wollen nicht nur die Tänze zeigen sondern auch die Kultur übermitteln die dahinter steckt. Nicht nur Tanzschritte sondern auch in welchem Zusammenhang das Ganze steht. Es ist natürlich ein verlockenden Idee, sehe aber auch die Schwierigkeiten die dahinter stecken. Man braucht die geeigneten Leute. Einerseits mit dem Wissen, anderseits müssen sich diese Leute auch ihrer Position bewusst sein und sie nicht bewusst oder unbewusst ausnutzen um ihre Wertvorstellungen durchzukriegen. Und das ist schwierig.
ellasnet.de: Wertvorstellungen durchsetzen? Macht ein Lehrer aber auch.
Ilias Zaruchas: Natürlich kann man einem Lehrer vorwerfen, dass er seine Wertvorstellungen dort durchsetzten will. Es ist dann schon ein Unterschied ob das ein staatlicher Angestellter ist oder ob man es in seiner Vereinsführung macht. Denn wenn es unserer Verein anbieten sollte ist dies natürlich unter unserer Verantwortung. Dann muss der Vorstand natürlich sagen, dass was er macht muss er auch dahinter stehen. So wie ich dann hinter der Tanzlehrerin Anna Stravoravdi stehe und sage, dass sie das super macht, muss ich dann auch hinter dem Verantwortlichen stehen, der diesen Kulturunterricht macht. Da sehe ich dann Schwierigkeiten dies umzusetzen.
Anna Stravoravdi: Ein kleiner Schritt in diese Richtung war ja unserer Tanzseminar was wir ja letztens hatten. Da hatten wir einen Tanzlehrer aus Athen eingeladen, der uns griechische Tänze sowie die Geschichte zu den Tänzen und ein Stück Kretageschichte vermittelt hat. Und das alles auf griechisch. Das haben wir auch nicht übersetzt. Wenn nötig gewesen wäre hätten wir das natürlich gemacht. Wir wollten einmal zeigen was hinter den einzelnen Inseln und Regionen Griechenlands steckt. Das machen wir einmal im Jahr, das einer aus Griechenland kommt, über seine Region referiert und auch noch mal geschulte Tänze zeigt.
ellasnet.de: Wir wollen den Vereinen Denkanstöße mitgeben, dass die einfach die Pflicht haben den Tänzern und Kindern die soziale Pflicht oder soziales Verhalten zu vermitteln. Das hat man ja vor allem bei Mannschaftssport und Tanzen ist ja im Endeffekt ein Mannschaftssport, auch wenn wir es mit Kultur verbinden. Das wollen wir von ellasnet.de, auch im Gespräch mit den anderen Vereinen vermitteln und anderen zum Nachdenken bringen.
Ilias Zaruchas: Also soziales Verhalten wird bei uns vermittelt. Nach großen Veranstaltungen oder großen Auftritten, was Anna eingeführt hat ist, dass wir uns danach treffen und drüber diskutieren was gut und was schief gelaufen ist. Das wir noch mal über das ganze signieren, aber deine Frage begann ja ob man eher bei der griechischen Muttersprache Ergänzungsunterricht im Rückgang begriffen ist. Ob man halt die griechische Sprache eher vermittelt und das ist natürlich eine ganz andere Sache. Soziales Verhalten wird fast nebenbei in Anführungsstrichen vermittelt. Wir sind eine Gruppe und man muss sich mit den anderen arrangieren wenn die Gruppe funktionieren soll.
Anna Stravoravdi: Ich glaube aber auch nicht, dass diese Verantwortung unbedingt bei den Vereinen liegen sollte. Es sollte an anderen Stellen die dafür eingesetzt wurden, dafür gesorgt werden muss.
ellasnet.de: Auf alle Fälle. Wir forschen nach welche Möglichkeiten noch denkbar wären. Wenn man den OEK (Verband griechischer Gemeinden) glauben mag, wird sich in dieser Richtung noch etwas tun. Wir hoffen es mal. Es gibt den Verein Akademischer Pädagogen in Düsseldorf, die hier aufgewachsen sind, sich vorgestellt haben und bereit sind einzuspringen. Wir nähern uns jetzt auch dem Ende. Ich nehme mal an ihr ließt alle ellasnet.de oder?
Zoi Touloupi: Es ist natürlich Situationsbedingt. Wenn ich weiß, dass da über etwas berichtet wird was interessant ist dann gucke ich auch.
ellasnet.de: Besucht ihr denn den Eventkalender, wenn ihr mal wissen wisst wo was los ist?
Zoi Touloupi: Ja auch.
ellasnet.de: Ich bedanke mir für dieses interessante Interview.
Amalia Hagen: Wir bedanken uns auch.