Griechen sind selbst schuld
“Mittlerweile zeigen sie mit dem Finger auf uns”
Griechenlands Krise hat auch das Leben der Griechen in Deutschland verändert.
Mit weit ausholenden Armbewegungen diskutieren zur Zeit Männer lautstark in den zahlreichen Cafes, wie z.B. auch in der bekannten Düsseldorfer Konditorei “Byzantio” in der Bismarckstr. nahe dem Hauptbahnhof. Sie trinken Cafe oder Frape und geizen nicht mit unfreundlichen Worten über die griechische Politik. Aber auch die eigenen Landsleute bleiben nicht verschont. Es sind Griechen, die jenes Thema bereden, das derzeit nicht nur in ihrer ursprünglichen Heimat, sondern auch unter den Griechen in Deutschland Nummer eins ist: Die Krise in Griechenland. Und wenn auch ihre Meinungen oft auseinandergehen, sind sie sich in drei Punkten doch einig: Dass die Griechen selbst schuld an der Situation sind, sie das EU-Hilfspaket brauchen und — sich deren Image dadurch drastisch verändert hat.
“Mittlerweile zeigt man mit dem Finger auf uns”, sagt etwa Dimitris, der Konditor und Eigentümer des Cafes. Der 39-Jährige hat sich aus seiner Backstube in seinem Lokal blicken, wo sich einige Griechen hier Backgammon spielend, essend oder trinkend um die Tische scharen. Seit Jahrzehnten ist das “Byzantio” ihr Treffpunkt — seit mehreren Wochen haben sie zunehmend mit der ablehnenden Haltung der Deutschen zu kämpfen.
Früher, ja früher habe man Griechen stets freudig empfangen, und das nicht nur weil man mit ihnen den letzten Griechenland-Urlaub verband. “Griechen in Deutchland, derzeit rund 30000, hatten kaum das Image des Gastarbeiters. Jetzt werden sie als Pleitegriechen beschimpft”, klagt Giannis, dessen Vater Athener und dessen Mutter aus Bonn ist. “Und die Touristen kommen nicht mehr so gerne nach Griechenland, weil sie Streiks fürchten”, ergänzt Dimitrios Zachos, der individuelle Reisen zwischen Deutschland und Griechenland organisiert. “Dabei ist auf dem Land und den Inseln kaum etwas von der Krise zu bemerken”, schaltet sich ein anderer Gast, Petros aus Kavalla ein, und seit 30 Jahren mit einer Düsseldorferin verheiratet.
“Griechen sind selbst schuld”
Seine Familie merke die Krise sehr wohl sagte Giannis aus Athen. Vor allem die hohe Arbeitslosigkeit mache den Griechen zu schaffen. “Alles steht still, es gibt keine Bautätigkeit, keine Kredite, viele Unternehmen sperren zu”, sagt er — und räumt im selben Atemzug ein, dass die Griechen selbst schuld an der Situation sind. Dimitris und Petros nicken zustimmend. Jahrzehntelang seien alle den Steuern entkommen, die Staatskasse wurde als Riesentopf betrachtet, aus dem man sich grenzenlos bedienen konnte. “Bauprojekte wurden nicht an Mindestbieter vergeben, sondern an die, die dreifach daran verdienten”, erzählt Gainnis.
Das EU-Hilfspaket inklusive Sparmaßnahmen bräuchten sie daher dringender denn je. “Es kommt ohnehin zu spät”, sagt Dimitris, der die Krise schon 2008 anrollen sah. “Besser spät als nie”, entgegnet ihm ein anderer Gast — beide einigen sich darauf, dass es bis zu zehn Jahre dauern wird, bis sich Griechenland erholt hat.
Fast alle Anwesende hätten bei der Volksabstimmung, die der ehemalige Ministerpräsident Giorgos Papandreou vorgeschlagen hatte, jedenfalls für die EU-Hilfe gestimmt und den von der EU verordneten strikten Sparkurs. “Die Volksabstimmung wäre 70 zu 30 für die Hilfe ausgegangen”, meinte Giannis überzeugt, während er die letzten Fleischstücke von seinem Teller isst.
Griechenland brauche die EU — und die EU Griechenland. Slogans wie “Griechen raus aus der EU und dem Euro” stoßen den Betroffenen daher sauer auf. Sie stammten von Leuten, die keine Ahnung haben: Würde man Griechenland hinausbugsieren, würden Italien, Portugal und Spanien folgen. “Wohin soll die EU dann ihre Waren exportieren?”, fragt ein Gast in die Runde. Und kehrt man zur Drachme zurück, wäre das “eine Katastrophe”, so Dimitris.
“Die Griechen sind ein Volk, das mit Geld nie umgehen konnte”, resümiert Petros, “sie gaben den Euro genauso verschwenderisch wie die Drachme aus und zahlten keine Steuern, während die Politiker Zahlen manipulierten.” Das räche sich jetzt. Im “Byzantio” wird das Thema jedenfalls noch länger für Diskussionen sorgen. Und worüber diskutierte man davor? “Über Fußball”, sagt Dimitris, “früher war das das Thema Nummer eins.”
Doch jetzt hoffen alle auf einen Neuanfang. Der Tourismus und die Gewinnung von Energie könnten Griechenland wieder aus dem Schuldensumpf ziehen, dazu brauchen die Bürger des Landes die Solidarität Europas. Bei den Griechenland Rundreisen können sich die Menschen davon überzeugen zu welchen Taten die Hellenen eigentlich fähig sind, werden sie nur fair regiert werden. Denn nicht nur bei den Menschen, sondern in der griechischen Politik sind die eigentlichen Verursacher der Krise zu suchen.
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Anstatt aus dieser Geschichte ein nahezu persönliches Ding zu machen, ist es vielleicht nicht verkehrt, zunächst die Hintergründe dieser Krise zu suchen und auch zu benennen, anstatt dem völlig verwirrten BRD-Bürger Arroganz und dergleichen vorzuwerfen. Der versteht nämlich völlig zurecht nicht, warum er für die Pleite von anderen zahlen muss. Zudem bleibt anzumerken, daß die Griechen – und das geht bei all jenen los, die einigermaßen was im Geldbeutel haben bzw. hatten ;) – dank ihren Steuerhinterziehungsvolkssports (und da liegt der Knackpunkt nämlich verborgen) diesen ultimativen Ladenschluss selbst mitproviziert haben. In anderen EU-Ländern ist es übrigens auch mittlerweile ziemlich hipp, den Fiskus zu verarschen – und das kann ich sehr gut verstehen. Warum sollte man auch noch für so ein ekelhaftes System wie der Kapitalismus eines ist bezahlen? ;)