Deutschland verpflichtet an die Einwohner des Ortes Distomo zu zahlen
Der Oberste Gerichtshof in Italien hat entschieden, dass Deutschland NS-Opfern Entschädigung zahlen muss. Verhandelt wurde der Fall Distomo. In der griechischen Ortschaft hatte die SS am 10. Juni 1944 ein Massaker verübt bei dem 218 Einwohnern umgebracht wurden. Die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer erhielten von der Bundesrepublik Deutschland niemals eine Entschädigung. Der letztes Jahr verstorbene Rechtsanwalt Ioannis Stamoulis erstritt vor griechischen Gerichten für die Opfer eine Entschädigung von ca. 28 Mio. Euro. Der Areopag, der oberste Gerichtshof Griechenlands, bestätigte das Urteil im Jahr 2000. Trotz der rechtskräftigen Entscheidung zahlte die Bundesrepublik bis heute keinen Cent. Auf Intervention der deutschen Seite stoppte die griechische Regierung sogar die Pfändung deutscher Liegenschaften in Griechenland.
Die Kläger beantragten daher vor italienischen Gerichten, das griechische Urteil in Italien für vollstreckbar zu erklären.
Vor den unteren Instanzen bekamen sie Recht. Der Rechtsanwalt Joachim Lau aus Florenz pfändete daraufhin im Jahr 2007 deutsche Liegenschaften in Como/Italien (‚Villa Vigoni’). Die deutsche Regierung ging in die Rechtsbeschwerde.
Der angerufene Kassationshof in Rom entschied nun, dass die griechischen Kläger aus Distomo in Italien Vollstreckungsmaßnahmen gegen deutsches Eigentum ergreifen dürfen.
Nach Auffassung des Kassationshofs genießt der deutsche Staat in einem solchen Verfahren keine Immunität, weil die Grundlage des Rechtsstreits ein Kriegsverbrechen war und weil solche Urteile aus anderen EU-Staaten Anerkennung finden müssen.
Mit dieser Entscheidung ist endlich der Weg frei, den Menschen aus Distomo zu einer gerechten Entschädigung zu verhelfen. Verweigert Deutschland weiter die Zahlung, so müssten die gepfändeten deutschen Liegenschaften in Italien zwangsversteigert werden.
Außerdem entschied der Kassationshof, dass auch die deportierten italienischen Soldaten (meist als Italienische Militärinternierte kurz IMI bezeichnet) die Zwangsarbeit leisten mussten, von der Bundesrepublik Deutschland zu entschädigen sind. Diese waren von Deutschland von Zahlungen aus dem Fonds “Erinnerung, Verantwortung, Zukunft” ausgeschlossen worden.