50 Jahre Kettwiger Griechen
In einer griechisch-deutschen Kulturwoche begeben wir uns auf die Suche nach den Spuren griechischer Kultur und griechischen Lebens in Kettwig, hatte doch die Kettwiger Garn- und Tuchfabrikation der Joh. Wilh. Scheidt AG in Zeiten des bundesrepublikanischen „Wirtschaftswunders“ ihren Arbeitskräftebedarf nach 1959 auch durch die Anwerbung insbesondere griechischer „Gastarbeiter“ decken können. Zwar wurden die Tuchfabrik 1964 und die Kammgarnspinnerei 1974 geschlossen, aber Zeitzeugen aus dieser Zeit gibt es immer noch in den lebendigen griechischen Gemeinden in Essen und in der gesamten Metropole Ruhr. Und natürlich in Kettwig selbst. Georgios Pampoukidis zum Beispiel. Er war vierundzwanzig Jahre alt, als er am 8. Mai 1961 nach Deutschland einreiste und seine Arbeit bei der Joh. Wilh. Scheidt AG aufnahm. So wie weitere etwa 2500 seiner Landsleute, von denen einige nur für kurze Zeit in Kettwig arbeiteten, viele andere aber, so auch Georgios Pampoukidis, noch heute in Kettwig leben. Blättert man in seinem ersten Reisepass, dann ist dies nicht nur ein Dokument der Reise. Er zeigt auch die Beschwernisse, mit denen er es zu tun bekam: Konsulatstempel, Behördenstempel, Durchreisevisa ohne Zahl –leicht gemacht wurde es ihm nicht, und ein freizügiges Europa lag noch in weiter Ferne.
Ausstellung „Spurensuche. Die Griechen von Kettwig“
In den alten Produktionsstätten der J.W. Scheidt AG werden anhand von Fotos, reichen Tondokumenten (“oral history”) und außergewöhnlichen Exponaten Geschichten erzählt: Von einer alten Tuchmacherdynastie in Kettwig an der Ruhr. Von griechischen Frauen, die hier zu Hunderten im Akkord spinnen. Von griechischen Männern, die am Sonntag fein gekleidet an der Ruhr flanieren gehen. Von Produktionsverhältnissen und anderen Verhältnissen. Der Besucher „durchläuft“ die auf 450 qm² aufwändig inszenierten, großen emotionalen Momente der Migration – Aufbruch aus dem Dorf, Eignungsprüfung bei der deutschen Kommission, Überfahrt auf der legendären Fähre Kolokotronis, sowie unvergessliche Augenblicke aus Schichtarbeit und Alltagsleben.
Der Anwerbestopp von 1974 fällt mit der Firmenschließung von Scheidt zusammen, das gab für viele Griechen den Anstoß, ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland zu verlagern. Sie zogen aus den Wohnheimen aus, suchten sich erschwingliche Mietwohnungeholten meist in der Kettwiger Altstadt, die in den 1970er Jahren einen griechischen Mikrokosmos bildete. Man traf sich im Hexenberg-Kino, sah sich griechische Heimatfilme an, knabberte „Sporia“ (Sonnenblumenkerne) oder picknickte am nahe gelegenen Ententeich – eine Praxis, die die deutschen Nachbarn erst befremdete und schließlich überzeugte. Die Ausstellung zeigt damit eine „geteilte Erinnerung“: Was fremd war, wurde vertraut. War Deutschland für griechische Arbeitsmigranten das „gelobte Land“, so wurde Griechenland zum Sehnsuchtsort für deutsche Urlauber und Touristen. Diese Gegenüberstellung und Verknüpfung deutscher und griechischer Erinnerungskulturen, von Unternehmensgeschichte, Alltagskultur und Stadtentwicklung zeichnet die Ausstellung besonders aus.
http://www.stadt-land-ruhr-2010.de/Spurensuche.html
30.4.–30.5.
Spurensuche
FR. 30.04.2010
18.00 Uhr Eröffnung der Ausstellung „Spurensuche. Die Griechen von Kettwig“,
Wollboden im Kreativ Quartier Scheidt’sche Hallen,
Ringstraße 51, Tor 1, oder Bachstraße 40 (üb. Promenadenweg), 45219 Essen
Öffnungszeiten an den folgenden Tagen: DI-SO 15.00 bis 20.00 Uhr
Vernissage der Kunstinstallation „Exil Café. Der Teil der Reise“, kunstgruppe GOTTLIEB, Berlin
Eintritt frei.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
bitten teilen Sie mir mit, wie lange die Ausstellung noch zu sehen ist. Ich habe gehört dass sie verlängert wurde.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Petra Klindtworth